Sonntag, 30. Juni 2013

Über Geschmack kann man trefflich streiten,

aber angesichts der geschmacklosen Gehässigkeit, mit der hier im Land der Nörgler und Denunzianten mit Benedikt XVI umgegangen worden ist, finde ich das hier doch sehr nett.

Samstag, 29. Juni 2013

Von Veganern lernen, heißt siegen lernen

In den letzten Tagen habe ich mich ein wenig im Internet umgetan, weil ich einen Artikel über Tierrechte und Menschenrecht schreiben wollte. Dabei bin ich tief in den Blogosphären-Hades von kätzchenknuddelnden Essgestörten und häschenherzenden Menschenhassern hinabgestiegen. Die Tierrechte müssen warten. Anlässlich des Festes der beiden großen Glaubensverkünder möchte ich lieber zusammenfassen, was man von Veganern in Sachen Werbung für die eigene Weltanschauung lernen kann.

Besonders aufschlussreich fand ich das Blog "einbesserermenschwerden", von dem aus man sich durch die bunte Welt der Wurstimitate und Sojahähnchenschenkel klicken kann. Ich bitte, das zu googeln, weil ich aus Ihnen nach der Lektüre dieses Blogs sicherlich verständlichen Gründen vermeiden möchte, dass die engagierte Bloggerin mit dem vielsagenden Pseudonym "la la" hier aufschlägt.

Wie man für seine Weltanschauung wirbt!


Rationalisieren Sie ihre Obsessionen und Neurosen

Sie beschäftigen sich obsessiv mit Ernährung? Kein menschliches Tier hat Sie gern, nur Nicht-Menschliche, und die auch nur solange sie noch nicht in der Lage sind, den Dosenöffner selbst zu bedienen? Dann werden Sie Veganer! Nun haben Sie die Möglichkeit sich den lieben langen Tag mit nichts anderem mehr zu beschäftigen, als mit dem Essen, ohne dass man auf den Gedanken käme, sie zu Behandlung und Zwangsernährung einzuweisen. Andere Menschen essen häufig und gern, das gibt Ihnen reichlich Gelegenheit, den dürren Zeigefinger auszufahren, und leidenschaftliche Strafpredigten zu halten. Sie können ihre ohnehin unerwiderte Liebe dem ganzen Tierreich widmen, ohne dass das anrüchig erscheint. Im Gegenteil: Sie haben das Licht geschaut, Sie stehen einsam auf der Seite der Guten, und all die anderen wandelnden Tierfriedhöfe müssen zu Ihnen stoßen bzw. gestoßen werden, dann werden auch sie endlich:

Ein besserer Mensch sein

Halten Sie mit ihrer moralischen Überlegenheit nicht hinter dem Berg. Sie haben eine neue Stufe des Säugetierseins erreicht, und das andere menschliche Gewürm soll das wissen. Ihre Oma lädt Sie an Weihnachten zum Gänsebraten ein? Zeigen sie dieser achzigjährigen Leichenfleddererin wo der ethische Hammer hängt! Machen Sie ihr klar, wie herzlos und empathiefrei sie sein muss, wenn sie sich nicht in schnatterndes Geflügel einfühlen kann. Wie arrogant und unangebracht es ist, dass diese senile Trockennasenäffin sich für was besseres als Federvieh hält. Machen sie ihr klar, dass sie genausogut ihr neugeborenes Urenkelchen schlachten, ausweiden und in die Bratröhre schieben könnte. Das wird ihr zu denken geben. Falls nicht erklären sie ihr, dass es ihre eigene Schuld ist, wenn sie in fünf, sechs Jahren stirbt, weil sie sich nicht vernünftig ernährt hat. Deswegen sieht sie doch so faltig aus und hat keine Zähne mehr im Maul. Sie dagegen werden hundertzwanzig Jahre alt werden, und nicht Tierleichen werden ihren Lebensweg pflastern, er wird gesäumt sein von verarmten und bettelnden Ärzten!
Zeigen Sie stolz ihre tierleidfreien Plastikschuhe! Ziehen Sie sie aus, damit für die zu Belehrenden sinnlich erfahrbar wird, dass der Mensch nur ein Tier ist!

Sie verzichten auf nichts

Machen Sie ihren Mitprimaten klar, dass Sie eigentlich auf nichts verzichten, als darauf, Angst und Schrecken unter den gleichberechtigten Tieren zu verbreiten. Es fehlt ihnen nichts, wenn sie auf Fleisch und andere Tierprodukte verzichten. Zeigen sie ihren Freunden die Sojamortadella, die aussieht wie Echte und auch ganz ähnlich schmeckt. Oder den köstlichen Käse, der mit aller lebensmitteltechnischen Kunst aus Sonnenblumenöl, Gluten und Hefeflocken zusammengerührt wurde, weil Ihnen nichts fehlt! Deswegen verbringen Sie auch ihre gesamte Freizeit damit, Rezepte für vegane Sahnetorte und tierfreie Muffins mit gleichgesinnten auszutauschen. Ihre Weltanschaung erfüllt Sie und macht sie glücklich. Ihr besserwisserischer, sauertöpfischer Eifer rührt nur daher, dass es immer noch Andersdenkende gibt.

Widersprechen Sie sich

Erklären Sie der arroganten Menschheit, dass sie nur Tierreich ist. Wenn dann wieder so ein Depp kommt und was von Allesfresser schwafelt, weisen Sie diesen Biologismus zurück. Der Mensch ist nur ein Tier wie jedes andere, und weil er empathie- und einsichtsfähiger ist als jedes andere Tier, darf er sich nicht wie ein Tier benehmen. Wenn jemand da einen Widerspruch findet, darf er ihn behalten. Schreien Sie ihm all das Leid der versklavten und zerstückelten Tierwelt entgegen. Sie brauchen nicht ruhig und gelassen zu argumentieren, um etwas zu erreichen. Sie haben es doch schon erreicht und nur die Schlechtigkeit dieser Haarspalter steht der Erlösung im Wege.

Finden Sie den Feind in den eigenen Reihen

Schlachthöfe sind schrecklich, Fleischfresser sind widerlich, aber das ekelerregendste Pack sind immer noch: Vegetarier! Diese lauwarmen, inkonsequenten Heuchler geben vor, für das Gleiche einzustehen, wagen es aber weiterhin Hühner, Milchkühe und  Honigbienen auszubeuten. Was könnte schlimmer sein als diese kompromittierenden Heuchler. Gut, Naturschützer, aber bei denen sind Sojaflocken und Hefeschmelz sowieso verloren. Hier gilt es das Gute zum Sieg zu führen, das geht nicht mit den eigenen Reihen voll trotzkihaften Defätisten. 

Bloggen Sie

aber um Himmels Willen nicht über das, worum es Ihnen geht: die lieben, süßen, beeindruckenden, wunderschönen Tiere. Beschimpfen sie mit möglichst großer moralischer Herablassung diejenigen, die Sie erreichen wollen. Und natürlich die Vegetarier, diese Spalter. Verfluchen und Verschmähen Sie die Fleischfresser, damit diese ihre große Empathie für die ganze Natur zu spüren bekommen. Das Mittel der Wahl sind natürlich:

Nazivergleiche

Vergleichen Sie Schlachthöfe mit Auschwitz! Sie verkörpern das Gute, das Mitgefühl, also dürfen Sie auch die Schoa bagatellisieren und Metzger mit SS-Todesschwadronen vergleichen. Was ist denn so ein Bauernhof anderes, als ein NS-Arbeitslager. Im Grunde noch schlimmer: so ein Landwirt hält Kühe nicht, um sich an ihrem meditativen Blick zu erfreuen, und züchtet Ferkel nicht, um sie zu streicheln, sondern um seinen Lebensunterhalt zu verdienen! Daher ist das einzige, was dieser geldgeile Perversling verdient die: Nazikeule. Unterstellen Sie stets die niedrigsten Motive! Was sonst könnte einen Steakliebhaber umtreiben, wenn nicht der widerliche, annihilatorische Hass auf argentinische Paarhufer?

Wenn Sie diesen einfachen aber umso effizienteren Anweisungen folgen, werden sich die Unwissenden in Scharen bekehren und die Welt ist gerettet. Keine Angst, ihr Eifer wird dann nicht gegenstandslos. Es gibt dann immer noch etwas das Sie bekämpfen können: heimliche Vegetarier!

Freitag, 28. Juni 2013

Wunschkinder und Familienpolitik

Im Zuge der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der eigentlichen Ehe wird viel diskutiert über das Für und Wider eines Adoptionsrechtes für solche Paare. Ich bin kein psychologischer oder pädagogischer Experte und kann mir kein Urteil über  Nutzen oder Schaden, den Kinder in solchen Konstellationen haben oder davontragen könnten, erlauben.
Ich möchte mich nur mit einem häufig vorgetragenen Argument beschäftigen, weil mir scheint, dass sich an dieser Art der Argumentation einige Probleme der gegenwärtigen Gesellschaft ablesen lassen:
" Wenn gleichgeschlechtliche Paare Kinder bekommen, dann handelt es sich wenigstens immer um Wunschkinder".

Diesem Argument liegt die sicherlich nicht falsche Annahme zugrunde, dass es für die Eltern leichter ist, ein liebevolle Beziehung zu ihrem Kind zu entwickeln, wenn sie es zu diesem Zeitpunkt auch gewollt haben. Oder umgekehrt: die Gefahr einer problematischen Eltern-Kind Beziehung könnte größer sein, wenn die Geburt des Kindes die Eltern vor Probleme stellt, und diese das Kind für die Schwierigkeiten verantwortlich machen.
Was sie allerdings täten, wäre lediglich, das eigene verantwortungslose Handeln dem Kind anzulasten; sie würden also gleich mehrfach unverantwortlich handeln.

Die Frage, die ich nun aufwerfen möchte, ist die, ob das diesem Argument zugrunde liegende Denken nicht selbst das Potential hat, die Probleme, mit denen argumentiert wird, selbst hervorzurufen. Denn die Erwünschtheit eines Kindes wird unausgesprochen zum Ideal erhoben. Ein Wunschkind ist ein Kind, das die Eltern zu diesem Zeitpunkt, in dieser konkreten Situation so gewollt haben. Daran ist nichts falsch, es entspricht dem, was man als verantwortliches Handeln der Eltern bezeichnen würde. Problematisch wird es nur, wenn die Erwünschtheit zum gesellschaftlichen Ideal erhoben wird. Wenn Kinder bei aller verantwortlichen Familienplanung nichts sind, "was eben auch mal passieren kann", dann wird das ungewollte Kind zum Scheitern der Eltern. Es ist nicht ein Schicksal, das man bei allen Schwierigkeiten nun einfach liebevoll anzunehmen hat, sondern das persönliche Versagen der Eltern, ein Schicksalsschlag, der Karriere- und Finanzplanung über den Haufen wirft. Und das dürfte erst recht das Verhältnis zwischen Eltern und Kind belasten.

Ich möchte hier nicht übertreiben, viele Eltern stehen zu ihrer Verantwortung und lassen es ihren ungeplanten Kindern an nichts fehlen. Aber es lässt sich nicht leugnen- bei über 100 000 Abtreibungen auf 600 000 Geburten pro Jahr: diese Wunschkindideologie wird für unerwünschte Kinder zur tödlichen Gefahr. Das betrifft nicht nur die zum falschen Zeitpunkt Gezeugten, sondern erst recht für die, die nicht den Wünschen der Eltern entsprechen. Und wie wirkt es sich auf das Verhältnis von Kind und Eltern aus, wenn sich später abzeichnet, dass der Nachwuchs sich nicht den Erwartungen und Wünschen der Eltern entsprechend entwickelt? Wie wenn sich herausstellt, dass die 30000 für die Leihmutter aufgrund von enttäuschten Erwartungen eine Fehlinvestition waren?

Einen verhängnisvollen Beitrag leistet das, was man Familienpolitik nennt, in einem Staat, dessen prominente Parteipolitiker unverfroren die Lufthoheit über den Kinderbetten einfordern. Der Nachwuchs, seine Zahl, seine Erziehung sind Staatsziel und Produktionsfaktor, ein gesamtgesellschaftliches, volkswirtschaftliches Kalkül. Damit ist eine Herabwürdigung der Elternschaft verbunden, die sicher nicht geeignet ist, den Wunsch nach Kindern zu vergrößern. Wer Eltern die Kompetenz abspricht, ihre Kinder zu erziehen und ihnen die Verantwortung für sie aus der Hand nimmt, braucht sich nicht zu wundern, dass ´potentielle Eltern sich für inkompetent halten und  sich verantwortungslos benehmen. Wer alles der staatlichen Planung unterwirft und die Planbarkeit des Lebens vom Uterus bis ins Grab propagiert, braucht sich nicht zu wundern, dass das Ungeplante, Ungewollte nicht akzeptiert wird. Wer die Offenheit der Gesellschaft für das Leben mit all seiner Unplanbarkeit, seinen Überraschungen, Enttäuschungen, seinem Auf und Ab untergräbt, braucht sich nicht zu wundern, dass diese Gesellschaft immer weniger Leben hervorbringt.

Donnerstag, 27. Juni 2013

Aufgelesen

In der SZ schreibt Matthias Drobinski über Peter Seewalds Projekt "Credo". Er äußert die vorhersehbare Kritik: nur konservative Autoren, ein Faktencheck zum Leben Jesu, mit dem jeder Student im Proseminar durchgefallen wäre etc.pp. Er findet aber auch lobende Worte über die Machart des Hefts und einige Artikel.
Sehr zu Recht wie mir scheint, kritisiert er die verdruckste Medienarbeit der der katholischen Kirche in Deutschland und die Sparpolitik der Bischöfe, die sich nur in ihrer Pikiertheit einig sind, wenn einer wie Seewald mit Unterstützung von Bischof Hanke mal was zu Wege bringt.

Dass Mutlosigkeit, Biederkeit und Verzagtheit unserer Bischöfe für die Katholiken kein Grund sind, den Kopf hängen zu lassen, zeigt ein Anderer: Papst Franziskus macht wieder einmal deutlich, wie man mit einfachen, ausgewogenen Worten die christliche Botschaft rüberbringt. Wenn er auch hierzulande bisweilen nicht durchdringt: der heilige Geist weht in unserer Kirche. Also, um's frei nach Papst Franz zu formulieren: nicht oberflächlich auf allen Hochzeiten schwoft, nicht steif in der Ecke steht der Christ.

Mittwoch, 26. Juni 2013

Danke Frau Mika!

Jetzt weiß ich bescheid: ich bin ein paranoider, ewig-gestriger, angstwütiger Fundi, der, wenn ihm das Hier und Jetzt nicht passt und er sich nicht nach der Decke strecken möchte, gefälligst nach Saudi Arabien gehen soll. Denn es besteht kein Unterschied, zwischen meiner Auffassung, dass der Staat und die "Anständigen" nicht definieren können, was eine Ehe ist und der Forderung nach der Steinigung von Homosexuellen. Ich soll zur theokratischen Hölle fahren. Das Anathema ist ausgesprochen, der Bann ist verhängt;
http://www.berliner-zeitung.de/meinung/kolumne-das-boese-hinter-der-tuer,10808020,23511398.html

Jetzt weiß ich bescheid. Zumindest weiß ich jetzt, wie sich Homosexuelle fühlen dürften, die hasserfüllte Hetztiraden auf kotz.net lesen müssen. Es ist erstaunlich, wie sich die Extreme berühren. Progressiv und Regressiv sind eben zwei Seiten derselben Medaille.

Montag, 24. Juni 2013

Wegweiser




Nach bürgerlichen Maßstäben sicherlich schon damals eine verkrachte Existenz- in der Wüste hausen, von der Hand in den Mund leben, den Pöbel mit wirrem Zeug beeindrucken. Für die Machthaber ein Aufwiegler und Kritiker, der zum Schweigen gebracht werden muss. 
Aber der wissend lächelnde Herr da oben ging unbeirrt seinen Weg: als Wegbereiter. Ein ganzes Leben nur um auf den Einen zu zeigen. 

Das Bildnis Johannes des Täufers gilt als letztes Gemälde Leonardos. Er erfasst darin das Wesentliche des Lebens dieses Heiligen: die ganze Körperhaltung dient der Geste, im Gesichtsausdruck kommen das Wissen, um den der da kommt, und die fröhliche Gelassenheit, die dieses Wissen mit sich bringt, zum Ausdruck. Das Bild ist wohl auch Ausdruck der fröhlichen Gelassenheit des Künstlers angesichts des nahen Todes. Er kannte ja die Botschaft, die Johannes schon im Namen trug: Gott ist gnädig. 

Samstag, 22. Juni 2013

Thomas Morus

O MY SWEET Saviour Christ, which thine undeserved love towards mankind, so kindly 
wouldst suffer the painful death of the cross, suffer not me to be cold nor lukewarm in love again towards thee. 

Ein Gebet des hl. Thomas Morus

Thomas More, porträtiert von Hans Holbein

Lauwarm war er nicht. Nicht, als er, in Amt und Würden, mit großem Eifer und mit aller Härte protestantische Irrlehrer verfolgte. Nicht als er mit einem Scherz auf den Lippen auf das Schaffott stieg, wo als Hochverräter hingerichtet wurde.

Seine Gelassenheit angesichts des Todes  beeindruckte einen zeitgenössischen Berichterstatter so sehr, dass er sich fragte, ob More nun ein närrischer Weiser oder ein weiser Narr gewesen sei.

Er war jedenfalls in Gott vernarrt, und in die Wahrheit die Christus ist, so sehr, dass er lieber in den Tod ging, als in das Schisma. Er verriet lieber den König, dem er lange treu gedient hatte, als seinen Glauben an Christus und dessen Kirche.

An dem Eifer, manche würden sagen: Fanatismus, mit dem Thomas Protestanten verfolgen, einkerkern, foltern und hinrichten ließ, scheiden sich die Geister. Er will so ganz und gar nicht heiligmäßig wirken. Er wirkt eher als Mahnung daran, wie erlösungsbedürftig wir Menschen sind, wenn wir sogar aus etwas so Gutem, wie der Gottesliebe, dem "Vernarrtsein in Gott" Folterwerkzeuge für unsere Nächsten schmieden.

Aber im Leben und Sterben des heiligen Thomas Morus liegt eben auch etwas Hoffnungsvolles: Thomas war ein fehlbarer Mensch, wie wir den alltäglichen Verirrungen, Verstrickungen, der Korruption durch die Macht, den Leidenschaften ausgeliefert. Aber im richtigen Moment stand er ein für seinen Glauben und konnte so durch sein mutiges Zeugnis zum Heiligen werden.

Dazu ist es eher selten nötig, in den Märtyrertod zu gehen. Es reicht, im richtigen Moment den Unterschied zu machen. Richtige Momente gibt es täglich.


Freitag, 21. Juni 2013

Teresa von Ávila "über den Körperkult"

"Nicht wenig Elend und Verwirrung kommen daher, dass wir durch eigene Schuld nicht uns selber nicht verstehen und nicht wissen, wer wir sind. Erschiene es uns nicht als furchtbare Unwissenheit, meine Töchter, wenn jemand keine Antwort wüsste auf die Frage, wer er ist, wer seine Eltern sind und aus welchem Land er kommt? Wäre dies ein Zeichen von tierischem Unverstand, so würde in uns ein noch unvergleichlich schlimmerer Stumpfsinn herrschen, wenn wir uns nicht darum kümmern würden, zu  erfahren, was wir sind, sondern uns mit diesen Leibern zufrieden gäben und einfach nuur so, vom Hörensagen, weil der Glaube es uns lehrt, wüssten, dass wir eine Seele haben. Aber welche Güter diese Seele in sich bergen mag, wer in ihr wohnt und welch großen Wert sie hat, daran denken wir zu selten und deshalb ist man so wenig darauf bedacht, ihre Schönheit mit aller Sorgfalt zu bewahren. All unsere Aufmerksamkeit gilt der rohen Einfassung, den äußersten Mauern dieser Burg, das heißt den Körpern."


Donnerstag, 20. Juni 2013

Aufgelesen

100 Tage Papst Franziskus:

Erzbischof Zollitzsch betont die Kontinuität zwischen Benedikt und Franz, fordert den "Neuen nicht mit Erwartungen zu überfrachten.

Das Münchener Kirchenradio interviewt Pater Eberhard von Gemmingen zum Thema, der nichtsdestotrotz mit allerlei Erwartungen kommt.

Daniel Deckers von der FAZ hat die Fliege wohl etwas zu fest zu gebunden: Benedikts Pontifikat als Travestieshow- sagt der Mann mit dem Mascherl!- sinistres Treiben von Kardinälen, Korruption und Sex und Crime gegen die jetzt eine Lichtgestalt kämpft. Franz als Chuck Norris.

Die FR hingegen lässt Karneval, Korruption und kleines Jubiläum gleich beiseite und beschäftigt sich mit dem Wichtigsten: den Gerüchten, dass Männerorganisationen Schwule anziehen könnten und  dass mancher Priester am Zölibat scheitert. Wer hätte es geahnt? David Berger hat es sogar gesehen.

Auch der DLF wartet mit einem kurzen Podcast auf und beschäftigt sich mit dem Enthusiasmus, der sich in Argentinien angesichts des Pontifikats eines Landsmannes breitmacht. Eben keine Deutschen die Argentinier.

Außerdem Paul Badde in der Welt. Lesenswert.

Darüberhinaus freut sich der Weihrauchschnüffler weiter über den medienwirksamen Papst, findet aber, dass das zuviel Brimborium für 100 Tage ist. Wir reden in Hundert Jahren noch mal.

Neuer Puritanismus- Reinlichkeit statt Reinheit

Das Auge Gottes in zeitgenössischer Darstellung


Neulich verwies ich bereits auf einen Artikel von Thea Dorn auf zeit.de, in dem sie sich mit dem modernen Tugendterror auseinandersetzt. Was ist damit gemeint?

Es geht hier etwa um Rauchverbote, mit denen der Staat in die Privatautonomie von Gaststättenbetreibern eingreift, um Leute, die nicht dazu gezwungen sind rauchgeschwängerte Kneipen zu betreten, durch Zwang zu schützen. Oder um ständige Forderungen nach der Verteuerung von Fleisch und die nahezu täglichen Aufrufe seinen Verzehr wenigstens stark zu reduzieren. In Dänemark etwa versuchte man sich bereits an einer "Butterprohibition" durch Strafsteuern, und es wird wohl nicht mehr lange dauern bis an Todesanzeigen erinnernde, schwarz umrandete Warnhinweise die Packungen zieren:
"Das Gesundheitsministerium warnt: Butter kann fettig sein!"

Der Bürger kommt in den Köpfen einiger Politiker nur noch vor als störrisches, unmündiges Kind das mit Scheuklappen  versehen sanft aber bestimmt durch die Quengelgasse gezerrt werden muss. Er muss durch Warnhinweise vor den teuflischen Einflüsterungen der Werbung geschützt und zu seinem  Besten  statt ins Laufställchen auf's Laufband gestellt werden. Man muss ihn vor sich selbst schützen, am Besten stellt ihm der Amtsarzt den Einkaufszettel zu und legt die zu dauerlaufende Tageskilometerzahl fest.

So ärgerlich und illiberal dieses Menschenbild ist, so faszinierend ist es auch:
Die altbekannten Untugenden sind wieder da, nur in säkularem Gewand und mit Aufklärerpose. Völlerei zum Beispiel heißt heute Übergewicht und hängt mit der Trägheit, sprich: der Sportmuffeligkeit zusammen. Sein Gewissen erforscht der moderne Mensch mit der Kalorientabelle. Er holt sich Ablässe im Fitneßstudio  und kasteit sich mit der Schritttzählerapp. Was ist da geschehen?

Nun spricht nichts gegen ein vernünftiges Körper- und Gesundheitsbewusstsein. Paulus bezeichnete den Körper als Tempel des heiligen Geistes, erklärte ihn also zu einem "sakralen Ort". Daran ist bemerkenswert, dass die sogenannte Leibfeindlichkeit des Christentums also keine solche ist, sondern die Warnung vor einer Profanierung der Heiligkeit des Körpers, besonders durch eine rein physisch-funktionale Betrachtung, etwa der Sexualität.

Genau eine solche funktionale Sicht liegt dem zeitgenössischen Körper- und Gesundheitskult aber zugrunde. Das zeigt sich an einem Begriffswandel: das englische Wort "sport" heißt ursprünglich "Spaß". Bei körperlicher Aktivität standen nicht Muskelaufbau und Fitness im Vordergrund- also das rein Physische- sondern die Freude die etwa Tennisspielen mit Freunden bereitet, der seelische Aspekt kam nicht zu kurz. Heute ist Sport zur Arbeit am eigenen Körper verkommen, er ist eine Pflicht, die man sich selbst und der Solidargemeinschaft gegenüber zu erfüllen hat.

Ebenso sieht es mit der Ernährung aus. Fasten ist heute eine ganzjährige, alltägliche Pflicht ohne geistlichen Aspekt. Auch hier steht wieder eine rein funktionale Betrachtung des Körpers im Vordergrund. Auch hier wieder die maßlose Genussfeindlichkeit.

"Wenn Fasten, dann Fasten. Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn" formulierte die heilige Theresa von Avila das christliche Ernährungsprogramm. Es gibt Zeiten der Askese und Besinnung, und es gibt Zeiten des Genießens und Feierns, die in ihrer Komplementarität die geistliche Betrachtung des Körperlichen erst möglich machen: weil ich faste, weiß ich den Genuss eines Festmahls zu schätzen. Weil ich manchmal schlemme, verzichte ich beim Fasten bewusst aufs Genießen, um andere Dinge in den Blickpunkt zu bekommen.

Diese Ausgewogenheit fehlt bei der modernen, obsessiven Beschäftigung mit Körperfett und Pulsfrequenz. Im Tempel des Körpers residiert nur das Ich. Den Wert hat der Körper durch sein Funktionieren: er ist attraktiv und volkswirtschaftlich verwertbar. Aus der Reinheit ist penible Reinlichkeit geworden- ein seelenloser Puritanismus, der durch zunehmende Gängelung den Leuten aufgezwungen wird.



Mittwoch, 19. Juni 2013

Aufgelesen

Ulf Poschardt von der Welt geht hart ins Gericht mit der EKD, die er für eine bürgerliche Version von Attac und Occupy ohne theologische Überbau hält:
"Die Relativierung von allem und jedem, der vorauseilende Gehorsam dem Wertewandel gegenüber macht eine Wette auf: Wer wird am Ende die Christen vertreten? Die sich an ihren Ursprüngen orientierende katholische Kirche oder die ins postmoderne Anything Goes diffundierte EKD?"


Papst Franz gelingt es wieder einmal, demütig den Blick auf seine Schuhe zu lenken, so dass niemand bemerkt: er hat gar nichts verändert und unterscheidet sich nur an der Oberfläche von seinem Vorgänger. Listig diese Jesuiten: einfach die roten Schuhe weglassen und keinem Pressemenschen fällt auf, dass der Papst katholisch ist.



Die Macht der Gegenwart und die Freiheit der Zukunft

Die Macht des Menschen, aus sich zu machen, was er will, bredeutet, wie wir gesehen haben die Macht einiger weniger, aus allen anderen zu machen,was sie wollen. (....)
Die Menschengestalter des neuen Zeitalters werden dagegen mit der Macht eines zu allem befugten Staates und einer unerbittlichen Technik bewaffnet sein; wir werden endlich eine Rasse von Konditionieren haben, die tatsächlich die ganze Nachwelt nach ihrem Belieben formen können.

C.S. Lewis in "Die Abschaffung des Menschen"

Dienstag, 18. Juni 2013

Ein Vorabdruck von Auszügen aus dem Buch von Papst Franz

"Über Himmel und Erde" findet sich auf den Seiten des Cicero.


Der Primat des Papstes und die Freiheit der Kirche

Die Bedingung dieser Unanfälligkeit für die gerade vorherrschenden politischen oder nationalen Streitigkeiten und dieses Desinteresses an der Festlegung auf bestimmte Staaten oder Völker- die Sicherung der Einheit und der Universalität- besteht in der Existenz eines einzigen, übergeordneten und unabhängigen Oberhauptes. Der Primat ist das Bollwerk, oder besser der Eckstein des Katholizismus. Ohne ihn gäbe es so viele Kirchen, wie es Völker oder Staaten gibt.
Nicht einer von denen, die das Papsttum der Usurpation anklagen, hat je den Versuch unternommen, zu beweisen, dass der Zustand, den sein Nichtvorhandensein mit sich brächte, theologisch erstrebenswert , oder dass dieser Zustand der Wille Gottes sei.

Lord Acton

Montag, 17. Juni 2013

Freiheit und Kirche

Lord Acton in einem Brief an Richard Simpson über die Unvereinbarkeit des katholischen Freiheitsbegriffs mit dem der modernen Welt:

Dieser Unterschied manifestiert sich insbesondere in ihren gegensätzlichen Ansichten über die Freiheit und die Funktion der Staatsmacht. Die katholische Vorstellung, die Freiheit  nicht so definiert, dass wir tun können, was wir wollen, sondern als das Recht, zu tun, was uns aufgetragen wurde, bestreitet, dass die Interessen der Allgemeinheit an die Stelle von individuellen Rechten treten. [..]Nach der vorherrschenden [der modernen] Lehre, welche die Macht vom Volk ableitet und letztlich in dessen Händen ruhen lässt, ist der Staat gegenüber dem Einzelnen allmächtig, während dem Individuum als Überbleibsel der Freiheit nur noch die Möglichkeit bleibt, sich an der Ausübung der Macht zu beteiligen und sich ansonsten der an den allgemeinen Willen zu halten. Wo dieses System vorherrscht, ist die christliche Freiheit verloren. [...] Ob sie [die Macht] von der Mehrheit oder ihren Delegierten ausgeübt wird, ist gleichgültig; es handelt sich immer um eine Vortäuschung von Freiheit, die auf einer mehr oder weniger versteckten Knechtschaft beruht.


Aufgelesen

Die Synode der EK Hessen-Nassau erkennt Lebenswirklichkeit an und das Evangelium ab, wie der HR berichtet

Das Domradio würdigt Robert Zollitsch anlässlich seines zehnjährigen Jubiläums als Erzbischof von Freiburg.


Sonntag, 16. Juni 2013

Aufgelesenes

Die FAZ berauscht sich an der neuen Ästhetik der Bescheidenheit von Papst Franz. Die Tradis wird freuen, dass Ästhetik jetzt wieder geht, wenn man mit Demut protzt statt in Protz demutet.

Die Zeit veröffentlicht Vorauszüge aus dem neuen Buch von Klaus Mertes.

Nachtrag:
Auch der Blogger von Demut Jetzt hat in die Presse geschaut.

Christus, die Kirche und die Freiheit

 Als Christus sagte: "Gebt dem Kaiser das, was dem Kaiser gehört, und gebt Gott, was Gott gehört",  [...].gab er der Staatsmacht unter dem Schutz des Gewissens eine Erhabenheit, die sie nie zuvor genoss, und er gab ihr Grenzen, die sie nie zuvor anerkannte. Diese Worte bedeuten die Absetzung des Absolutismus und die Einsetzung der Freiheit. Denn unser Herr überbrachte  nicht nur das Gebot, sondern er schuf die Macht, es anzuwenden. Die nötige Immunität einer höchsten Sphäre, die Beschränkung der politischen Autorität auf klar festgelegte Grenzen war nicht länger die Sehnsucht von geduldigen Denkern und wurde zum ewigen Auftrag der kraftvollsten Institution und allumfassendsten Vereinigung der Welt. Das neue Gesetz, der neue Geist und die neue Authorität gaben der Freiheit eine Bedeutung und einen Wert, die sie weder in der Philosophie noch in den Verfassungen Griechenlands und Roms besessen hat vor dem Wissen um die Wahrheit, die uns frei macht.

Lord Acton, in seiner Rede "The History of Freedom in Antiquity"

Samstag, 15. Juni 2013

KLeine Presseschau am Abend

Was ich heute im Netz so aufgelesen habe:

Die "Welt" lästert über Hannes Jaennickes Buch "Die große Volksverarsche"- als Bewerbungsschreiben des "Schauspielers, Vegetariers und Berggorillabegleiters" für eine neue Rolle als zivilreligiöser Talkshow-Messias. Lesenswert.
"Hannes Jaenicke, Augustinus und der kritische Konsum"

Mit einem verwandten Thema beschäftigt sich Thea Dorn bei der Zeit: dem modernen Tugendterror- anything goes, aber Cheeseburger, Kippen und Plastiktüten gehn mal gar nicht in der schönen, neuen Welt.

Die "Presse" berichtet über Spekulationen, dass Kardinal Maradiaga aus Honduras Tarcisio Bertone ablösen könnte
Wie auch der ORF

Die EKD erinnert anlässlich des 60. Jahrestages des Volksaustandes in der DDR am 17.Juni 1953 an die
Drangsalierung junger Christen durch die SED Diktatur.

In der Tagespost findet Regina Einig, dass hinter der Kritik am Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen oft eher Defätismus als Barmherzigkeit stecke.

Der Kölner Stadtanzeiger berichtet über hohen Einnahmen des Erzbistums Köln. Satte Kirche der Armen und der Verkündung: 76 Millionen für die Verwaltung, 19 Millionen für Entwicklungshilfe und Mission.


Der Staat, die Kirche und der Niedergang der Ehe

Im Jahr 2010 wurden laut BZpB 187 027 Ehen geschieden. Betrachtet man die dort angezeigte Statistik, so wird klar, dass im zweiten und dritten Jahr einer Ehe das Scheidungrisiko in die Höhe schnellt und bis zum sechsten Jahr weiter ansteigt, um danach kontinuierlich zu sinken. Von den 2010 geschiedenen Bünden für's Leben erreichte knapp ein Viertel nicht das verflixte siebte Jahr. Was der ganze romantische Zirkus kostet ist schwer abzuschätzen: ein Schwarm von Richtern und Anwälten muss besoldet, bezahlt und pensioniert werden, wo vorher dank staatlicher Mithilfe ein Gehalt kaum ausreichte, um einen Haushalt zu finanzieren, müssen mit staatlicher Unterstützung nun zwei geführt werden usw. Vom Schaden, der den in der Hälfte der Fälle mitbetroffenen minderjährigen Kindern entsteht, ganz zu Schweigen.

Tatsache ist also, dass das Versprechen von lebenslanger Fürsorge und Treue, das sich Brautleute heute geben mit feierlich hinter dem Rücken gekreuzten Fingern abgegeben wird, oder dass Erwachsene nicht mehr so genau wissen, was sie da eigentlich sagen. Eine Ehe ist eine staatlich beurkundete Lebensabschnittsgefährtenschaft und diezugehörige Familiensause- gerne auch mit sakralem Zuckerguss- ist die öffentliche Feier einer romantischen Liebesbeziehung. Dass manche Christen Homosexuellen solche süßen Festlichkeiten verwehren  oder ihnen Steuervergünstigungen vorenthalten wollen, die Heteros für leere Versprechungen gewährt werden, muss auf breites gesellschaftliches Befremden stoßen, wenn man sich den revolutionären Wandel des Ehebegriffs  innerhalb des letzten Jahrhunderts vor Augen führt.

Man sollte sich da nichts vormachen: die Bastion der Ehe ist entkernt und geschleift worden, und zwar von den Heterosexuellen. Dass Schwule und Lesben ihre Erstürmung als emanzipatorischen Sieg betrachten ist eher tragikomisch als ärgerlich oder gar bedrohlich.

Beim Bloggerkollegen Morgenländer findet sich eine sehr lesenswerte Skizze dieses erstaunlichen Kulturwandels, der ich wenig hinzuzufügen habe, die mich aber dennoch dazu motiviert hat, mein sanft entschlafenes Blog wieder zu beleben (mangels Zugang unter neuer Adresse), weil ich die Rolle die Staat und Kirche in diesem Prozess gespielt haben ein wenig näher beleuchten möchte.

Die "Zivilehe" als Kern des  Problems

Auf Katholon merkt Peter Winnemöller an, dass der Staat alles Mögliche als gesetzliche Partnerschaft definieren könne. Er dürfe allerdings nicht definieren,  was eine Ehe sei, da dieser Definitionsbereich schlicht nicht in seinem Hoheitsgebiet liegt. Das ist aus katholischer Sicht natürlich richtig. Aber die Kirche steht vor dem Problem, dass sie die angemaßte Definitionsmacht des Staates in den Konkordaten faktisch anerkannt hat. Sie verpflichtete sich selbst, das im antikatholischen Kulturkampf verhängte und strafbewehrte Verbot der kirchlichen Voraustrauung einzuhalten und hält sich eigentlich heute noch daran, obwohl das Verbot nicht mehr existiert. Nun hatte man damals wohl kaum eine andere Wahl und es entsprach mit Sicherheit der seelsorgerischen Pflicht, die deutschen Katholiken vor dem etwas tollwütigen großpreußischen Adler  zu schützen. Schon gar nicht war damals abzusehen was unter den Fittichen der fetten Henne dann später aus Ehe und Familie werden würde.
Dass ein Schutzversprechen durch den Staat allzu häufig eine finstere Drohung ist, konnte man aber ahnen. Wer nicht glaubt, dass der Staat erdrückt, was er umarmt möge im bürokratischen Mahlwerk einer Agentur für Arbeit nach Nächstenliebe suchen, die immerhin der geistige Ursprung der säkularen und heute staatseigenen Solidarität ist.

Faktisch hat der Staat durch die Institutionalisierung der Zivilehe die Definitionsmacht darüber, was eine Ehe sei, und alle vier Gewalten definieren fleißig um. Was eine staatstragende und staatsgetragene Kirche daran ändern soll ist mir schleierhaft. Was wäre also zu tun?

Peter Winnemöllers oben verlinkter Artikel gibt wichtige Hinweise: die Kirche müsste dem Staat die Definitionsmacht streitig machen. Er darf verpartnern und anerkennen wen und was er will, aber nichts davon ist eine Ehe. Die Forderung müsste also lauten: schafft die Zivilehe ab. Wer sich verpartnern will, der gehe zum Notar und schließe einen entsprechenden Vertrag, denn das ist seine Privatsache. Er kann das gerne mit einem romantischen Fest begehen, das ist seine Privatsache. Wo keine Zivilehe ist, da ist auch keine Scheidung. Wer sich von seinem Partner trennen möchte, der gehe wieder zum Notar. Steuervorteille gibt es nur noch für Kinder oder für auf Dauer angelegte Partnerschaften- wo also nicht nach sechs Jahren die Allgemeinheit möglicherweise wieder einspringen muss.

Wer jedoch heiraten möchte, der wende sich an die Religionsgemeinschaft seiner Wahl und tue dies nach deren Regeln. Er muss sich vorher eben genau überlegen, was er tut. Natürlich wäre all das wenig dazu angetan, die Zahl christlicher Eheschließungen in die Höhe schnellen zu lassen. Aber es ist meines Erachtens der einzige Weg, die Ehe vor ihrem völligen Aus zu bewahren. Allerdings bedarf es dafür nicht weniger als eines Kulturkampfes. Dazu dürften die wenigsten bereit sein, meine eigene Neigung dazu ist äußerst gering.

Wenn man selbst aber zu bequem ist, hüte man sich davor, die Schuld bei den Schwulen und Lesben zu suchen. Diese sind offenbar nicht zu bequem, eine kreative Minderheit im Kulturkampf zu sein und sind nicht freiwillig homosexuell.