Freitag, 28. Juni 2013

Wunschkinder und Familienpolitik

Im Zuge der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der eigentlichen Ehe wird viel diskutiert über das Für und Wider eines Adoptionsrechtes für solche Paare. Ich bin kein psychologischer oder pädagogischer Experte und kann mir kein Urteil über  Nutzen oder Schaden, den Kinder in solchen Konstellationen haben oder davontragen könnten, erlauben.
Ich möchte mich nur mit einem häufig vorgetragenen Argument beschäftigen, weil mir scheint, dass sich an dieser Art der Argumentation einige Probleme der gegenwärtigen Gesellschaft ablesen lassen:
" Wenn gleichgeschlechtliche Paare Kinder bekommen, dann handelt es sich wenigstens immer um Wunschkinder".

Diesem Argument liegt die sicherlich nicht falsche Annahme zugrunde, dass es für die Eltern leichter ist, ein liebevolle Beziehung zu ihrem Kind zu entwickeln, wenn sie es zu diesem Zeitpunkt auch gewollt haben. Oder umgekehrt: die Gefahr einer problematischen Eltern-Kind Beziehung könnte größer sein, wenn die Geburt des Kindes die Eltern vor Probleme stellt, und diese das Kind für die Schwierigkeiten verantwortlich machen.
Was sie allerdings täten, wäre lediglich, das eigene verantwortungslose Handeln dem Kind anzulasten; sie würden also gleich mehrfach unverantwortlich handeln.

Die Frage, die ich nun aufwerfen möchte, ist die, ob das diesem Argument zugrunde liegende Denken nicht selbst das Potential hat, die Probleme, mit denen argumentiert wird, selbst hervorzurufen. Denn die Erwünschtheit eines Kindes wird unausgesprochen zum Ideal erhoben. Ein Wunschkind ist ein Kind, das die Eltern zu diesem Zeitpunkt, in dieser konkreten Situation so gewollt haben. Daran ist nichts falsch, es entspricht dem, was man als verantwortliches Handeln der Eltern bezeichnen würde. Problematisch wird es nur, wenn die Erwünschtheit zum gesellschaftlichen Ideal erhoben wird. Wenn Kinder bei aller verantwortlichen Familienplanung nichts sind, "was eben auch mal passieren kann", dann wird das ungewollte Kind zum Scheitern der Eltern. Es ist nicht ein Schicksal, das man bei allen Schwierigkeiten nun einfach liebevoll anzunehmen hat, sondern das persönliche Versagen der Eltern, ein Schicksalsschlag, der Karriere- und Finanzplanung über den Haufen wirft. Und das dürfte erst recht das Verhältnis zwischen Eltern und Kind belasten.

Ich möchte hier nicht übertreiben, viele Eltern stehen zu ihrer Verantwortung und lassen es ihren ungeplanten Kindern an nichts fehlen. Aber es lässt sich nicht leugnen- bei über 100 000 Abtreibungen auf 600 000 Geburten pro Jahr: diese Wunschkindideologie wird für unerwünschte Kinder zur tödlichen Gefahr. Das betrifft nicht nur die zum falschen Zeitpunkt Gezeugten, sondern erst recht für die, die nicht den Wünschen der Eltern entsprechen. Und wie wirkt es sich auf das Verhältnis von Kind und Eltern aus, wenn sich später abzeichnet, dass der Nachwuchs sich nicht den Erwartungen und Wünschen der Eltern entsprechend entwickelt? Wie wenn sich herausstellt, dass die 30000 für die Leihmutter aufgrund von enttäuschten Erwartungen eine Fehlinvestition waren?

Einen verhängnisvollen Beitrag leistet das, was man Familienpolitik nennt, in einem Staat, dessen prominente Parteipolitiker unverfroren die Lufthoheit über den Kinderbetten einfordern. Der Nachwuchs, seine Zahl, seine Erziehung sind Staatsziel und Produktionsfaktor, ein gesamtgesellschaftliches, volkswirtschaftliches Kalkül. Damit ist eine Herabwürdigung der Elternschaft verbunden, die sicher nicht geeignet ist, den Wunsch nach Kindern zu vergrößern. Wer Eltern die Kompetenz abspricht, ihre Kinder zu erziehen und ihnen die Verantwortung für sie aus der Hand nimmt, braucht sich nicht zu wundern, dass ´potentielle Eltern sich für inkompetent halten und  sich verantwortungslos benehmen. Wer alles der staatlichen Planung unterwirft und die Planbarkeit des Lebens vom Uterus bis ins Grab propagiert, braucht sich nicht zu wundern, dass das Ungeplante, Ungewollte nicht akzeptiert wird. Wer die Offenheit der Gesellschaft für das Leben mit all seiner Unplanbarkeit, seinen Überraschungen, Enttäuschungen, seinem Auf und Ab untergräbt, braucht sich nicht zu wundern, dass diese Gesellschaft immer weniger Leben hervorbringt.

2 Kommentare:

  1. Schön, dass Du wieder da bist!
    Seit Februar 2012, wenn ich recht sehe?!

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  2. Danke! Ja solange müsste es her sein. Wie schnell die Zeit vergeht.

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