Samstag, 15. Juni 2013

Der Staat, die Kirche und der Niedergang der Ehe

Im Jahr 2010 wurden laut BZpB 187 027 Ehen geschieden. Betrachtet man die dort angezeigte Statistik, so wird klar, dass im zweiten und dritten Jahr einer Ehe das Scheidungrisiko in die Höhe schnellt und bis zum sechsten Jahr weiter ansteigt, um danach kontinuierlich zu sinken. Von den 2010 geschiedenen Bünden für's Leben erreichte knapp ein Viertel nicht das verflixte siebte Jahr. Was der ganze romantische Zirkus kostet ist schwer abzuschätzen: ein Schwarm von Richtern und Anwälten muss besoldet, bezahlt und pensioniert werden, wo vorher dank staatlicher Mithilfe ein Gehalt kaum ausreichte, um einen Haushalt zu finanzieren, müssen mit staatlicher Unterstützung nun zwei geführt werden usw. Vom Schaden, der den in der Hälfte der Fälle mitbetroffenen minderjährigen Kindern entsteht, ganz zu Schweigen.

Tatsache ist also, dass das Versprechen von lebenslanger Fürsorge und Treue, das sich Brautleute heute geben mit feierlich hinter dem Rücken gekreuzten Fingern abgegeben wird, oder dass Erwachsene nicht mehr so genau wissen, was sie da eigentlich sagen. Eine Ehe ist eine staatlich beurkundete Lebensabschnittsgefährtenschaft und diezugehörige Familiensause- gerne auch mit sakralem Zuckerguss- ist die öffentliche Feier einer romantischen Liebesbeziehung. Dass manche Christen Homosexuellen solche süßen Festlichkeiten verwehren  oder ihnen Steuervergünstigungen vorenthalten wollen, die Heteros für leere Versprechungen gewährt werden, muss auf breites gesellschaftliches Befremden stoßen, wenn man sich den revolutionären Wandel des Ehebegriffs  innerhalb des letzten Jahrhunderts vor Augen führt.

Man sollte sich da nichts vormachen: die Bastion der Ehe ist entkernt und geschleift worden, und zwar von den Heterosexuellen. Dass Schwule und Lesben ihre Erstürmung als emanzipatorischen Sieg betrachten ist eher tragikomisch als ärgerlich oder gar bedrohlich.

Beim Bloggerkollegen Morgenländer findet sich eine sehr lesenswerte Skizze dieses erstaunlichen Kulturwandels, der ich wenig hinzuzufügen habe, die mich aber dennoch dazu motiviert hat, mein sanft entschlafenes Blog wieder zu beleben (mangels Zugang unter neuer Adresse), weil ich die Rolle die Staat und Kirche in diesem Prozess gespielt haben ein wenig näher beleuchten möchte.

Die "Zivilehe" als Kern des  Problems

Auf Katholon merkt Peter Winnemöller an, dass der Staat alles Mögliche als gesetzliche Partnerschaft definieren könne. Er dürfe allerdings nicht definieren,  was eine Ehe sei, da dieser Definitionsbereich schlicht nicht in seinem Hoheitsgebiet liegt. Das ist aus katholischer Sicht natürlich richtig. Aber die Kirche steht vor dem Problem, dass sie die angemaßte Definitionsmacht des Staates in den Konkordaten faktisch anerkannt hat. Sie verpflichtete sich selbst, das im antikatholischen Kulturkampf verhängte und strafbewehrte Verbot der kirchlichen Voraustrauung einzuhalten und hält sich eigentlich heute noch daran, obwohl das Verbot nicht mehr existiert. Nun hatte man damals wohl kaum eine andere Wahl und es entsprach mit Sicherheit der seelsorgerischen Pflicht, die deutschen Katholiken vor dem etwas tollwütigen großpreußischen Adler  zu schützen. Schon gar nicht war damals abzusehen was unter den Fittichen der fetten Henne dann später aus Ehe und Familie werden würde.
Dass ein Schutzversprechen durch den Staat allzu häufig eine finstere Drohung ist, konnte man aber ahnen. Wer nicht glaubt, dass der Staat erdrückt, was er umarmt möge im bürokratischen Mahlwerk einer Agentur für Arbeit nach Nächstenliebe suchen, die immerhin der geistige Ursprung der säkularen und heute staatseigenen Solidarität ist.

Faktisch hat der Staat durch die Institutionalisierung der Zivilehe die Definitionsmacht darüber, was eine Ehe sei, und alle vier Gewalten definieren fleißig um. Was eine staatstragende und staatsgetragene Kirche daran ändern soll ist mir schleierhaft. Was wäre also zu tun?

Peter Winnemöllers oben verlinkter Artikel gibt wichtige Hinweise: die Kirche müsste dem Staat die Definitionsmacht streitig machen. Er darf verpartnern und anerkennen wen und was er will, aber nichts davon ist eine Ehe. Die Forderung müsste also lauten: schafft die Zivilehe ab. Wer sich verpartnern will, der gehe zum Notar und schließe einen entsprechenden Vertrag, denn das ist seine Privatsache. Er kann das gerne mit einem romantischen Fest begehen, das ist seine Privatsache. Wo keine Zivilehe ist, da ist auch keine Scheidung. Wer sich von seinem Partner trennen möchte, der gehe wieder zum Notar. Steuervorteille gibt es nur noch für Kinder oder für auf Dauer angelegte Partnerschaften- wo also nicht nach sechs Jahren die Allgemeinheit möglicherweise wieder einspringen muss.

Wer jedoch heiraten möchte, der wende sich an die Religionsgemeinschaft seiner Wahl und tue dies nach deren Regeln. Er muss sich vorher eben genau überlegen, was er tut. Natürlich wäre all das wenig dazu angetan, die Zahl christlicher Eheschließungen in die Höhe schnellen zu lassen. Aber es ist meines Erachtens der einzige Weg, die Ehe vor ihrem völligen Aus zu bewahren. Allerdings bedarf es dafür nicht weniger als eines Kulturkampfes. Dazu dürften die wenigsten bereit sein, meine eigene Neigung dazu ist äußerst gering.

Wenn man selbst aber zu bequem ist, hüte man sich davor, die Schuld bei den Schwulen und Lesben zu suchen. Diese sind offenbar nicht zu bequem, eine kreative Minderheit im Kulturkampf zu sein und sind nicht freiwillig homosexuell.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen